Kurzgeschichte von Unterhaching      
(von Günter Staudter)


Eine Spanne von 5500 Jahren Ortsgeschichte dokumentieren eine Kupferbeilklinge aus der Jungsteinzeit und ein Bohrmeißel, wie er bei der Geothermiebohrung verwendet wurde - direkt nebeneinander im Unterhachinger Heimatmuseum. Dazwischen liegt eine Fülle von Ereignissen, die bis heute unsere Gemeinde prägen.

Ausschlaggebend für die Besiedlung war das frische Wasser des Hachinger Baches und der wildreiche Lohwald der sogenannten Hachinger Haid. Ab der mittleren Bronzezeit um 1500 v. Chr. lassen sich die ersten Siedlungen mit ihren typischen Langhäusern nachweisen.

Die meisten Belege menschlichen Zusammenlebens stammen jedoch aus der Spätbronzezeit, die von 1200 bis 750 v. Chr. dauerte. Kennzeichnend für diese Epoche war die Brandbestattung, bei der die Toten auf einem Scheiterhaufen verbrannt und ihre Überreste in Urnen beigesetzt wurden. Beim Bau der Autobahn München - Salzburg wurde 1934 ein großes Urnenfeld mit 124 Gräbern entdeckt. Die spezielle Ausprägung der dabei vorkommenden Keramikformen schuf den Begriff der "Münchener Urnenfelderzeit" und damit die Bezeichnung einer regional begrenzten aber eigenständigen Kulturgruppe.
 
Für die darauf folgende Hallstattzeit konnte ein großer Siedlungsbereich auf dem jetzigen Areal der Sporthalle am Utzweg nachgewiesen werden. In der späten Phase der La-Téne-Zeit im 2. Jahrhundert v. Chr., die auch Keltenzeit genannt wird, scheint sich, eine dörfliche Siedlung mit Holzhäusern verschiedener Art, Gräben und Pallisaden auf dem Gelände der heutigen Stumpfwiese über längere Zeit erstreckt zu haben. Eine Viereckschanze in unmittelbarer Nähe, heute jedoch auf Unterbiberger Flur, diente seinen Bewohnern dabei vermutlich zur Ausübung eines uns noch unbekannten Kultes.
 
Aus römischer Zeit (4. und 5. Jahrhundert n. Chr.) stammen acht Kalkbrennöfen sowie mehrere üppig gefüllte Abfallgruben mit Metallgegenständen, Tierknochen, Keramik, Münzen und Glasscherben.
 
Kurz vor 500 n. Chr. ließ sich eine größere Gruppe von Leuten nieder, die wohl den ersten Bajuwaren zuzurechnen ist. Die zehn Gräber waren neben einigen typisch bajuwarischen Grabbeigaben derart üppig mit Gold und Seide aus China, Halbedelsteinen aus Indien und weiteren künstlerisch einzigartigen Beigaben ausgestattet, dass die Forschung von den Gräbern eines Herrschergeschlechts ausgeht. Diese Funde sind dermaßen sensationell, dass ihnen die Archäologische Staatssammlung die Sonderausstellung "Karfunkelstein und Seide" widmete.
 
Der Name Haching leitet sich wie bei anderen -ing-Orten wahrscheinlich vom Namen des bajuwarischen Erstsiedlers "Hacho" ab. Erstmals urkundlich erwähnt wird "Hachinga" 806. Eine Unterscheidung der beiden Haching-Orte ist um 1187 urkundlich festgehalten. "Inferiori hachingin" führte über Niederheching dann zum endgültigen Ortsnamen Unterhaching.
 
Seit dem Aussterben der Grafen von Andechs (1248) war Unterhaching innerhalb des Landgerichts Wolfratshausen ein Teil des Herzogtums (seit 1623 Kurfürstentums) Bayern.
 
Das älteste Bauwerk Unterhachings, die Pfarrkirche St. Korbinian, zählt zu den sogenannten Chorturmkirchen, denn der Turm steht wie bei weiteren Kirchen des Umkreises im Osten. Der wehrartige Kirchturm und das romanische Kirchenschiff datieren um 1300. Um 1500 wurde das Kirchenschiff verlängert, der Turm erhöht, ein gotisches Spitzbogengewölbe löste die Balkendecke ab. Der Innenraum wurde noch mehrmals den gerade aktuellen Stilrichtungen angepasst. Bis zum 1. Weltkrieg pilgerten an Wallfahrtstagen bis zu tausend Gläubige zum wundertätigen Gnadenbild der heiligen Familie in der Marienkirche, deren Patron erst ab 1835 der hl. Korbinian wurde.
 
Die mit einem Schaufelrad im Hachinger Bach angetriebene bewegliche Krippe lockte viele Bewunderer an. Überliefert ist ein im Oberland häufig erwähnter Spruch: "Do gähts zua wia z`Haching im Kripperl". Die von den Besuchern gespendeten Gelder flossen in die Kasse der 1670 gegründeten Jesus-Maria-Josef-Bruderschaft, die damit günstige Darlehen vor allem in Notfällen gewähren konnte und daher als erster Sozialhilfeverein angesehen werden kann.
 
Eine weitere Besonderheit sind die ältesten Bauernhöfe in Blockbauweise mit asymetrischen Satteldächern. Hofbesitzer bis zur Säkularisation war vornehmlich das Kloster Tegernsee. Daran erinnert im unteren Teil des Unterhachinger Wappens ein über blauen Wellen schwebendes grünes Seerosenblatt. Im oberen Teil nimmt ein schräg liegender goldener Abtstab mit Schweißtuch Bezug auf das Kloster Schäftlarn, wo die Urkunde mit der erstmaligen Erwähnung von "Haching" verfasst wurde.
 
Im Dreißigjährigen Krieg raubten die Schweden, die 1632 München besetzt hatten und dort nicht plündern durften, den Bauern das letzte Hab und Gut. Mehrere Höfe gingen in Flammen auf. Das folgende Pestjahr raffte, wie schon ein Jahrhundert zuvor, etliche Bewohner dahin. Eine spätgotische Pestsäule aus Tuffstein erinnert an die Stelle, an der die Pesttoten verscharrt wurden.
 
Es wird angenommen, dass es im Hachinger Tal eine Verbindungsstraße zwischen den beiden südlich und nördlich von München verlaufenden Römerstraßen gab. Zunehmend an Bedeutung gewann die Fernstraße von München über Tegernsee zu den Alpenpässen. Diese Straße war auch siedlungsbestimmend, denn die Bauernhäuser reihten sich an ihr entlang.
 
Den Wandel vom reinen Bauern- und Handwerkerdorf zur Vorstadtgemeinde begünstigte vor allem der Bau der Eisenbahnlinie von München-Ost zur Maximiliansbahn in Deisenhofen 1898. Ornamentreiche Jugendstilvillen verschönerten seit der Jahrhundertwende das Ortsbild.
 
Nach dem 1. Weltkrieg übernahm ein Arbeiter- und Bauernrat die Leitung der Gemeinde. Die Anführer der Räterevolution wurden nach dem Einmarsch der "Weißen Garde" in Stadelheim erschossen.
 
Unterhaching geriet 1934 in die Schlagzeilen des "Völkischen Beobachters", als Adolf Hitler den ersten Spatenstich zum Bau der Salzburger Autobahn tat. Zur gleichen Zeit musste ein großer Teil des Gemeindegebiets für den Bau des Flugplatzes Neubiberg abgetreten werden.
 
Die Nähe zu München wirkte sich im 2. Weltkrieg verhängnisvoll aus. Bomben zerstörten etliche Gebäude, ein Volltreffer in einen Luftschutzraum tötete 15 Ordensschwestern. Beim Einmarsch der amerikanischen Truppen am 1. Mai 1945 leistete die Waffen-SS nur geringen Widerstand. Ein Siedlungsteil musste innerhalb kürzester Zeit für die amerikanischen Soldaten geräumt werden. Die dabei ausquartierten Familien sowie zahlreiche Flüchtlinge und Evakuierte steigerten die Wohnungsnot enorm.
 
Der ersten 1921 erbauten Siedlung (Kriegersiedlung) folgten weitere Neubaugebiete, auch im Bereich der Rosenheimer Landstraße. Am 1.4.1955 wurde deshalb Ottobrunn als selbstständige Gemeinde von Unterhaching abgetrennt. Eine besonders umfangreiche Bautätigkeit begann in den Sechziger Jahren. Heute ist der dörfliche Charakter Unterhachings nur noch im alten Ortskern spürbar. Im Sog des attraktiven Südens der Landeshauptstadt werden immer mehr Baugebiete ausgewiesen, obwohl die Grundstückspreise weit über dem Bundesdurchschnitt liegen.
 
Günter Staudter
17.3.2010